Rauminstallation
Bei der Beschäftigung mit dem Thema der Gruppenausstellung "Öffentliche Oberflächen" waren mir die Signale im öffentlichen Raum wichtig, wobei es mir zunächst darum ging, diese Signalhaftigkeit auf eine künstlerische Arbeit im öffentlichen Raum anzuwenden.
Im Zuge meiner Überlegungen wurde ich aber zunehmend auf jene Zeichen aufmerksam, die die Flächen des öffentlichen Raumes bestimmten Widmungen zuordnen und bestimmte Verhaltensregeln vorgeben.
Eine Zeichensituation des Außenraumes (die Straßenmarkierung der die Stiftergalerie flankierenden Straße) wird 1:1 in den Innenraum gespiegelt, wo sie ihrer "eigentlichen Funktion enthoben" wird, aber dennoch eindeutig erkennbar bleibt. Dadurch schafft sie eine neue Situation, die sich sowohl auf die Auffassung des Raumes, in dem sie sich befindet, als auch auf die Erfahrung ihrer Zeichenhaftigkeit selbst auswirkt.
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Zeichen und Begriff
Es läßt sich nicht allgemein sagen, was es heißt, daß ein Zeichen verstanden oder nicht verstanden wird. Daß es nicht verstanden wird, zeigt sich nur in der Frage nach seiner Bedeutung, d.h. nach einem anderen Zeichen an seiner Stelle.
Nur dann liegt ein Zeichen vor. Es liegt vor in der Frage nach seiner Bedeutung. Das Nichtverstehen ist nicht das Gegenteil, sondern der defiziente Modus der Verstehens.
Das Vorliegen von Zeichen ist das Bewußtsein als die Frage nach
einem anderen Zeichen für ein vorliegendes. Bewußtsein ist der Versuch der Interpretation, der Erklärung eines Zeichens durch ein anderes. Es ist eine Arbeit an Zeichen.
(...).
Zeichenkonvention
Konventionelle Zeichen sind diejenigen, die eine Kultur ausmachen, wie z.B. der Rasen, der schon seinem Aussehen nach besagt, daß man oder daß man nicht darüber gehen darf, das Verkehrszeichen, das das Überholen verbietet, der Leib des Menschen, der Berührung erbittet oder verbittet, die Wörter, die viele in gleicher Weise zu verstehen scheinen, weil sie in anscheinend gleicher Weise daraufhin handeln. Unkon~entionelle Zeichen sind Zeichen, die demgegenüber eher individuell verstanden werden, eine Landschaft im Blick des Malers, Sprachzeichen in der Fügung eines Gedichtes, alle Zeichen, von denen man nicht sagen kann, was sie besagen sollen, weil sie "etwas" zum ersten mal zu verstehen geben. Was sie bedeuten, läßt sich nicht anders, sondern nur so sagen, wie das Zeichen jetzt erscheint. Die geglückte Antwort daraufhin ist unerhört, aber passend. Sie eröffnet eine neue Art von Handlung über das Schema verstehbarer Handlung hinaus. Es ist ein "Urerlebnis" (Nietzsche), auf das innerhalb der Sprachzeichen die Metapherdie passende Antwort ist. Unkonventionell sind die Zeichen, auf die eine unkonventionelle Handlung die exakte Antwort ist. Sie werden in der Wiederholung
konventionell. (Zeichen sind das Wiederholbare.)
(...) Weil jede Handlung als Antwort auf Zeichen selbst wieder Zeichen ist, "gibt" es keine definitiv verstandenen Handlungen. Jedes Verstehen einer Handlung unter dem Begriff für eine Handlungsart ist vorläufig. Damit ist es auch vorläufig, etwas überhaupt als Handlung, als freie Antwort auf ein Zeichen zu verstehen, denn etwas als Handlung verstehen heißt, es als bestimmte Handlung zu verstehen, die als Antwort auf ein bestimmtes Zeichen auch hätte anders ausfallen können.
(...)
Josef SIMON "Philosophie des Zeichens"; Walter de Gruyter; Berlin, New York; 1989